MAKROÖKONOMIK  ² МАКРОЭКОНОМИКА 

 

 

 

Der gesamtwirtschaftlicheGeldmarkt

 

(Общеэкономический рынок денег)

 

 

 

Wilfried Fuhrmann

Ajdyn Sultanow

 

 

 

 

 


Adresse der Autoren:

Prof. Dr. Wilfried Fuhrmann

Dr. A. Sultanow

Universität Potsdam

August-Bebel-Str. 89

D-14482 Potsdam

 

Tel:     ++49- (0)331- 977- 3219

Fax:    ++49- (0)331- 977- 3223

http://www.makrooekonomie.de

Email: fuhrmann@rz.uni-potsdam.de

© W. Fuhrmann; ISSN 1433-920X


 

 

Zur Zitation:         W. Fuhrmann, A. Sultanow (2001), Der gesamtwirtschaftliche Geldmarkt; in: www.nowgorod.de, Stand : 01.10.2001

 

 

Inhalt

 

 

1.       Die Bedeutung des Geldes in einer arbeitsteiligen Tauschwirtschaft          2

2.       Die Ausgestaltung des Geldsystems                                                     3

3.       Die Bestimmungsfaktoren der Geldnachfrage                                        4

3.1.    Einführung                                                                                        4

3.2.    Die Geldnachfrage aus dem Transaktionsmotiv                                      5

3.3.    Die Geldnachfrage aus dem Vorsichtsmotiv                                           5

3.4.    Die Geldnachfrage aus dem Spekulationsmotiv                                      6

3.5.    Die gesamte Geldnachfrage                                                                 7

3.6.    Das Gleichgewicht auf dem Geldmarkt                                                 8

4.      Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht bei gegebenem

         Güterpreis und Lohnsatz (Das IS-LM-System)                                       10

 

4.1.    Die LM-Funktion                                                                                11

 

4.2.    Die IS-Funktion                                                                                 12

5.      Das IS-LM-System                                                                             15

6.       Politikanalysen                                                                                 16

6.1.    Die Wirkungen einer Erhöhung der Geldmenge                                    16

6.2.    Die Wirkungen einer erhöhten Nachfrage des Staates                            19

6.3.          Schlußfolgerungen                                                                            21

 

 

 

 

 

1.      Die Bedeutung des Geldes in einer arbeitsteiligen Tauschwirtschaft

 

 

Das Geld stellt ein allgemein akzeptiertes Tauschmittel dar.

Die Existenz von Geld bedeutet u.a., daß die Wirtschaftseinheiten die Güter, die sie anbieten, nicht direkt gegen andere Güter, die sie nachfragen, tauschen, sondern daß der Tausch indirekt über die Verwendung von Geld erfolgt.

Es findet also ein Tausch Ware gegen Geld und Geld gegen Ware statt.

Verwendung von Geld zur Bewältigung der Tauschaktionen erfolgt unter Berücksichtigung von drei Funktionen des Geldes:

 

-           das Geld als allgemeine Recheneinheit

 

Geld als Recheneinheit fungiert als Medium zur Minimierung von Informationskosten bzw.

Geld als Recheneinheit  ist das Gut mit dem höchsten Informationswert. Alle Tauschrelationen werden in Geldeinheiten ausgedrückt.

 

-           das Geld als allgemein anerkanntes Tausch- bzw. Zahlungsmittel

 

Geld als Zahlungsmittel fungiert als Medium zur Minimierung von Transaktionskosten (oder Tauschkosten). Jeder Tausch findet unter verwendung vom Geld statt.

 

-           das Geld als Medium zur Wertaufbewahrung

 

Das Geld als Wertaufbewahrung fungiert als Medium zur Minimierung der temporären Kosten einer Kaufkrafthaltung (Lagerkosten).

Ein allgemein akzeptiertes Tauschmittel dient somit der Wertaufbewahrung und ermöglicht dabei, daß zwischen dem Güterangebot eines Wirtschaftssubjektes und seiner Güter-

nachfrage Zeit vergehen kann.

 

 

 

 

 

2.      Die Ausgestaltung des Geldsystems

 

 

Ein Medium mit diesen drei Funktionen: Recheneinheit, Zahlungsmittel und Wert-

aufbewahrung bezeichnet man als Geld.

Die physische Beschaffenheit bzw. Erscheinungsform des Mittels, das als Geld dient, spielt prinzipiell keine Rolle.

In einer Wirtschaft kann Geld beispielsweise ein bestimmtes Metall (Gold, Silber etc.)

oder Nichtmetall (Kaurimuscheln, Salz, Zigaretten etc.), d.h. ein wirtschaftliches

Gut sein. Es handelt sich dann um sog. Warengeld.

Die bekanntesten Geldformen dieser Art sind die sog. Kurant-Münzen, wie z.B. Goldmünzen. Ihr Tauschwert entspricht einer bestimmten Menge eines bestimmten Metalles. Die Ausprägung von Münzen bedeutet in einem solchen System die staatliche Garantie, daß jede

Münze eine bestimmte Menge des Metalles enthält. So konnte man z. B. vor dem l.

Weltkrieg ein goldenes 10,- M-Stück einschmelzen und für das so gewonnene Gold

im Gewicht von ca. 3,58 g gerade 10,- M erhalten.

Die gesamte Geldmenge einer Volkswirtschaft wird damit durch den verfügbaren Bestand an (Münz-) Metall bestimmt.

 

In hochentwickelten Volkswirtschaften gibt es praktisch kein Warengeld, d.h. keine Ware, die als Geld dient. In ihnen ist Geld grundsätzlich ein stoffwertloses Medium in Form von Banknoten oder Enlagen, d.h. Guthaben bei Kreditinstituten, die beide durch „Verschuldung“ von Kreditinstituten (der Zentralbank oder der Geschäftsbanken) entstehen. Geld stellt damit eine Verbindlichkeit der Kreditinstitute dar (Kreditgeld).

In dieser sog. Kreditgeldwirtschaft wird der Wert des Geldes und damit seine Wertaufbewahrungsfunktion dadurch garantiert, daß die geldschaffenden Institutionen entweder durch Eigenbeschränkung und/oder durch indirekt wirkende staatliche Mechanismen und Bestimmungen nur eine bestimmte Menge an Geld emittieren und so die umlaufende Geldmenge nicht beliebig vermehren. Bei den in der Kreditgeldwirtschaft zirkulierenden Münzen handelt es sich nicht um Kurant Münzen, sondern um sog. Scheidemünzen, bei denen der aufgedruckte Wert grundsätzlich deutlich höher als der

 

 

 

Metallwert ist. Der bei der Emission dieser Noten, Münzen sowie Einlagen entstehende Gewinn (sog. seigniorage-gain) fließt der emittierenden Bank bzw. Institution zu.

Geld wird dabei allerdings nicht alleine durch gesetzliche Anordnung zum allgemein akzeptierten Zahlungsmittel und zur Recheneinheit. Wenn hinsichtlich der Tauschrelationen zwischen diesem offiziellen Geld und anderen Gütern zu große Unsicherheiten bei den Wirtschaftssubjekten bestehen, gehen die oben genannten Vorteile aus dem Gebrauch dieses Geldes verloren und es dienen nicht die gesetzlichen Zahlungsmittel, sondern andere Güter als Zahlungsmittel oder Recheneinheit (in Deutschland beispielsweise der Dollar in der Inflation von 1923 oder die Zigaretten während und nach dem 2. Weltkrieg).

 

 

3.      Die Bestimmungsfaktoren der Geldnachfrage

3.1.   Einführung

 

 

Aus den oben diskutierten Funktionen des Geldes lassen sich verschiedene Motive

der Geldnachfrage ableiten:

Aus der Zahlungsmittelfunktion des Geldes resultiert der Wunsch eines Wirt-

schaftssubjektes, jederzeit über ausreichende Geldbestände zu verfügen, um die

sich für ihn aus dem wirtschaftlichen Tauschprozeß ergebenden Zahlungsverpflich-

tungen erfüllen zu können.

 

Diese Kassenhaltung resultiert aus dem „Transaktionsmotiv der Geldnachfrage".

 

Um  jederzeit zahlungsfähig zu sein, hält ein Wirtschaftssubjekt zusätzlich Kasse aus dem „Vorsichtsmotiv".

 

Um aus den für die Zukunft erwarteten Preis-, Kurs- sowie Zinssatzänderungen Gewinne zu machen bzw. die möglicherweise aus der Wertaufbewahrung entstehenden Verluste zu minimieren, hält der Vermögenshalter das Geld aus dem sog. ,,Spekulationsmotiv".

 

 

 

 

3.2.   Die Geldnachfrage aus dem Transaktionsmotiv

 

 

Die (kurzfristige) nominale Nachfragefunktion nach Geld (L) aus dem Transaktionsmotiv (LT) in der allgemeineren Form lautet:

LT  = LT (Py; P)

mit:

P – Güterpreis

y – reales Volkseinkommen 

 

In der Makroökonomik wird bezüglich dieser Geldnachfrage nun allgemein unter-

stellt, daß bei einer Erhöhung des Güterpreises der Geldbedarf für Transaktions-

zwecke proportional zur Preiserhöhung steigt. Für eine Veränderung des realen

Volkseinkommens wird eine solche Proportionalität nicht unterstellt.

Formal bedeuten diese Annahmen, daß die nominale Geldnachfrage vom Güterpreis und vom

Nominaleinkommen abhängt und daß sie linear homogen in diesen beiden Argumenten ist. Es gilt also:

 

Damit hängt die reale Geldnachfrage für Transaktionszwecke (lT)positiv vom Real-

einkommen ab.

 

 

3.3.   Die Geldnachfrage aus dem Vorsichtsmotiv

 

 

Da die Erwartungen über Ein- und Auszahlungsströme aber mit Unsicherheit behaftet sind, wird ein rational handelndes Wirtschaftssubjekt zum Schutz gegen das sog. Liquiditätsrisiko einen zusätzlichen Betrag an Geld halten.

Die Höhe dieser gewünschten Liquiditätsreserve hängt ebenso wie die Geldnachfrage für Transaktionszwecke von der Höhe der erwarteten Auszahlungen, also vom Transaktionsvolumen und dem Sicherheitsbedürfnis, d. h. der Risikoaversion ab.

 

Unterstellt man, daß sich die (annahmegemäß gegebene) Risikoaversion der Wirtschaftssubjekte in der Form der Funktion widerspiegelt und daß die Unsicherheit positiv mit der Höhe des Volkseinkommens korreliert ist, so gilt für die nominale Geldnachfrage aus dem Vorsichtsmotiv:

L v  =  L v  (Y; P)

                                                                                                                                  +  +                                                                                  

mit:

 

L v        -          nominale Geldnachfrage aus dem Vorsichtsmotiv,       

Y         -          nominales Volkseinkommen.   

 

Ergänzend kann angenommen werden, daß die Geldnachfrage aus demVorsichts- und Transaktionsmotiv negativ vom Zinssatz (i) abhängig ist.

 

 

3.4.   Die Geldnachfrage aus dem Spekulationsmotiv

 

 

Die Geldnachfrage aus dem Spekulationsmotiv folgt aus der Wertaufbewahrungs-

funktion des Geldes. Die Wertpapiere haben für den Vermögensbesitzer gegenüber dem Geld den Vorteil, daß die Vermögenshaltung in Wertpapieren Zinserträge bringt.

 

Die erwartete Rendite eines Wertpapiers

 

Neben der Verzinsung der Wertpapiere ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Kurs

bzw. Wert eines Wertpapiers in hohem Maße von dem auf dem Kapitalmarkt herrschenden Zinssatz abhängt. Der Kurs eines (heute) emittierten Wertpapiers wird sich (in Zukunft) in Abhängigkeit von der Zinsentwicklung verändern, so daß er zu einem zukünftigen Zeitpunkt höher, niedriger oder gleich dem gegenwärtigen sein kann.

Der Kauf von Wertpapieren lohnt sich im Verhältnis zur Geldhaltung also nur, wenn die (erwartete) Gesamtrendite re der Wertpapierhaltung, die sich aus Zinszahlungen und (erwartetem) Kursgewinn bzw. Kursverlust zusammensetzt - bezogen auf das eingesetzte Kapital - positiv ist.

Erwartet das Wirtschaftssubjekt eine positive Rendite, so wird es Wertpapiere, anderenfalls Geld nachfragen und halten.

 

Kauft das Wirtschaftssubjekt ein Wertpapier zum Kurs von K0, erhält einen Betrag von

Z - Rubl an Zinsen pro Stück und beabsichtigt, das Wertpapier nach einer Periode wieder zu verkaufen, so beträgt die erwartete Rendite (re) dieses Wertpapierengagements für die nächste Periode:

 

 =        oder     = +

 

 

 

3.5.   Die gesamte Geldnachfrage

 

 

Das Wirtschaftssubjekt versucht, seine gesamte Geldhaltung unter dem Gesichtspunkt der Nutzenmaximierung zu optimieren. Da die Geldhaltung aus dem sog. Transaktionsmotiv durch die Befriedigung des Liquiditätsbedürfnisses und gleichzeitig durch entgangene Zinseinnahmen gekennzeichnet ist und die Umwandlung von Wertpapieren in Geld Kosten in Form von Bank-, Maklergebühren etc. verursacht, wird das Wirtschaftssubjekt auch die Höhe seiner ,,Transaktionskasse" in Abhängigkeit von der erwarteten Rendite einer Wertpa-

pierhaltung bei gegebenen Umwandlungskosten determinieren. Das Optimum liegt

dort vor, wo der Grenzertrag der Liquiditätssicherheit gleich den Grenzkosten der

Geldhaltung im Sinne entgangener Zinserträge (Opportunitätskosten) ist.

 

Aus diesen Überlegungen resultiert also eine gesamte aggregierte Geldnachfragefunktion der Form:

L = L (i, iN, Y, V0, P).

                                                                                                    - +   +   +   +

 

 

Unterstellt man, daß der Normalzinssatz (iN) und das reale Vermögen (kurzfri-

stig) gegeben sind und unterstellt man weiterhin, daß die Geldnachfrage homogen

linear in den

 

Nominalgrößen (Nominaleinkommen, Güterpreis) ist, so erhält man als reale Geldnachfragefunktion:

 

l = l (i, y).

      -  +

 

Die folgende Abbildung zeigt die gesamte reale Geldnachfrage in Abhängigkeit vom Zinssatz:

 

 

                                                                

                                  i

 

 

 

                                                            

 

                                                      v0y

                                                                                                     iN

 

 

                                                                                                                                                      l

 

 

 

Die Funktion ist dabei für gegebene Werte des Realeinkommens (y), des Realvermögens (v0) und des Normalzinssatz (iN) dargestellt. Sie ist die sog. Liquiditätspräferenzfunktion. Sie liegt um so weiter rechts (oben) je höher c. p. das Realeinkommen und das Realvermögen sind.

 

 

3.6.   Das Gleichgewicht auf dem Geldmarkt

 

Auf dem Geldmarkt herrscht Gleichgewicht, wenn die Geldanbieter bei dem herrschenden Zinssatz und der exogen vorgegebenen monetären Basis (B), d.h. dem Bestand am Zentralbankgeld, gerade soviel Geld anbieten wollen, wie die Geldnachfrager bei dem herrschenden Zinssatz, dem herrschenden Güterpreis und dem Volumen des Volkseinkommens gerade nachfragen wollen (siehe unten):

 

 

 

 

M (i, B) = P . l (i, y),

                                                                                                                                                           + +               - +

 

 

 

 

 

                    i

                                                                      M (i, B0)

                                                                                                                   M (i, B1)

 

                                                     l (i, y0)

                                                                                                                    B1 > B0

 

 

 

                         i0

 

                         i1

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                                               M, L

                                                                    M0       M1

 

 

 

 

 

 

Die Abbildung zeigt  (reale) Geldnachfragefunktion (l) und die (nominale) Geldangebotsfunktion (M) bei gegebenem Güterpreis (P hier annahmegemäß konstant und eins).

Wenn die Zentralbank z.B. durch eine Offen-Markt-Politik die monetäre Basis (B) erhöht, verschiebt sich die Geldangebotsfunktion nach rechts. Aufgrund der gestiegenen Liquidität bietet das private Bankensystem somit beim herrschenden Zinssatz mehr Kredite und damit mehr Giralgeld als in der Ausgangssituation an. Bei dem herrschenden Zinssatz (i0) sind die privaten Nichtbanken jedoch nicht bereit, das zusätzliche Kreditangebot anzunehmen bzw. die langfristigen Wertpapiere, die die Banken zusätzlich nachfragen, auch zur Verfügung zu stellen: Es entsteht also ein Überschußangebot auf dem Geldmarkt. Um das Geldangebot auch realisieren und die zusätzlichen ertragbringenden Aktiva auch erwerben zu können, werden die Banken in dieser Situation für ihre Kredite einen niedrigeren Zinssatz und für die nachgefragten langfristigen Wertpapiere den privaten Wirtschaftssubjekten einen höheren Kurs bieten: Der langfristige Zinssatz wird also fallen. Bei diesem niedrigeren Zinssatz

 

und erwarteten Kursverlusten werden die privaten Nichtbanken ihre Wertpapiere verkaufen bzw. zusätzliche Kredite aufzunehmen. Gleichzeitig ist aber auch bei dem niedrigeren Zinssatz das Bedürfnis der Banken nach freien Liquiditätsreserven höher, da die Liquiditätssicherung jetzt relativ billiger wird, so daß sie mit sinkendem Zinssatz ihr Geldangebot reduzieren werden. Ein Gleichgewicht auf dem Geldmarkt stellt sich dabei erst dann ein, wenn der Zinssatz so stark gesunken ist, daß die Wirtschaftspläne der Geldanbieter und Geldnachfrager wieder miteinander kompatibel sind, d. h. im Schnittpunkt der neuen Angebotskurve (M1 ) mit der unveränderten Nachfragekurve (l).

 

 

4.      Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht bei gegebenem Güterpreis und Lohnsatz (Das IS*-LM** - System)

 

 

Das Gesamtsystem besteht aus vier Märkten: dem Güter-, dem Arbeits-, dem Geld- und dem Wertpapiermarkt.

In dem folgenden Modell wird der Wertpapiermarkt aufgrund des Gesetzes von Walras nicht explizit dargestellt.

Für den Arbeitsmarkt wird vereinfachend unterstellt, daß das Arbeitsangebot bei gegebenem Reallohnsatz vollkommen elastisch ist.

Bei einem annahmegemäß exogen gegebenen Güterpreis werden zunächst alle Kombinationen aus Zinssatz und realem Volkseinkommen ermittelt, bei denen Gleichgewicht auf dem Geldmarkt (LM-Kurve) und dem Gütermarkt (IS-Kurve) herrscht. Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht wird anschließend über die abgeleitete IS- und

LM -Kurve dargestellt.

Die folgende komparativ-statische Analyse erfolgt auf der Grundlage eines Periodenendgleichgewichtes (bei einer Erhöhung des Einkommens nimmt die Nachfrage sowohl auf dem Gütermarkt als auch auf allen Aktivamärkten zu, wobei die Summe aller zusätzlichen Nachfragen auf allen Märkten als Folge einer Einkommenserhöhung stets gerade gleich der Einkommenserhöhung ist).

 

 

 

 

4.1.         Die LM-Funktion

 

 

Ausgangspunkt der Analyse des Geldmarktes ist die im Kapitel 3.6. abgeleitete Gleichgewichtsbedingung :

 

M = Pl (i, y, v0).

            -  +  +

 

Für eine konstante nominelle Geldmenge und einen konstanten Güterpreis sowie Vermögen gibt es eine Vielzahl von Kombinationen aus Zinssatz und Volkseinkommen , bei denen Gleichgewicht auf dem Geldmarkt herrscht.

Je größer bei gegebenem realen Geldangebot das reale Volkseinkommen ist, um so größer ist auch der reale Bedarf  an Transaktionskasse.

Damit Gleichgewicht auf dem Geldmarkt herrscht, muß dann auch der Zinssatz um so höher sein, damit die Geldnachfrage aus dem Spekulationsmotiv entsprechend geringer wird.

In einem Koordinatensystem mit dem Zinssatz auf der Ordinate und dem Volkseinkommen auf der Abszisse läßt sich die Gleichgewichtsbedingung als eine Funktion mit positiver Steigung darstellen.

Dieser Zusammenhang läßt sich graphisch ableiten, indem die gesamte Geldnachfrage in eine zinsabhängige Nachfrage aus dem Spekulationsmov und in eine (bei gegebenem Güterpreis) vom Volkseinkommen abhängige Geldnachfrage aus dem Vorsichts- und Transaktionsmotiv aufgeteilt wird.

In der folgenden Abbildung ist im zweiten Quadranten der Zusammenhang zwischen dem Zinssatz und der (realen) Geldnachfrage aus dem Spekulationsmotiv dargestellt. Im vierten Quadranten wird der Zusammenhang zwischen der realen Geldnachfrage aus dem Vorsichts- und Transaktionsmotiv und dem Volkseinkommen abgebildet, wobei hier vereinfachend ein linearer Verlauf dieses Zusammenhanges unterstellt wird.

Der dritte Quadrant schließlich enthält die Geldmarktgleichgewichtsbedingung. Die 45°-Linie in diesem Quadranten zeigt an, daß die gesamte reale Geldmenge entweder für die Geldnachfrage aus dem Spekulationsmotiv oder aus dem Transaktionsmotiv zur Verfügung steht bzw. daß jede beliebige Linearkombination zwischen diesen beiden Verwendungsarten möglich ist.

Die gesuchten Kombinationen von Zinssatz und Volkseinkommen, bei denen Gleichgewicht auf dem Geldmarkt herrscht, erhält man dann  im ersten Quadranten.

 

 

 

Da die Geldnachfrage mit steigendem Volkseinkommen zunimmt (ly > 0) und mit steigendem Zinssatz abnimmt (li< 0), ist die Steigung der LM- Funktion positiv.

Die Lage der LM-Funktion verändert sich mit jeder Variation einer exogenen Variablen. Erhöht beispielsweise die Zentralbank bei gegebenem Güterpreis das nominelle Geldangebot, dann verschiebt sich die Gleichgewichtsbedingung im dritten Quadranten vom Ursprung weg, so daß sich die LM-Funktion nach rechts verschiebt.

 

 

4.2. Die IS-Funktion

 

 

Für die Analyse einer geschlossenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität wird

die folgende Güternachfragefunktion verwendet:

 

yN = c (yA) + j (i) +g

                                                                                                                           +           -

      

Das Güterangebot sei vollkommen elastisch, so daß es sich jederzeit der Nachfrage vollkommen anpaßt. Analog zur LM-Funktion läßt sich dann aus der Gleichung  die Menge aller Kombinationen von Volkseinkommen und Zinssatz bestimmen, bei denen Gleichgewicht auf dem Gütermarkt herrscht.

Ein solches Gleichgewicht existiert dann, wenn der Zinssatz gerade so hoch ist, daß die Güter, die produziert, die aber bei dem im Zuge des Produktionsprozesses verdienten Einkommen nicht von den Konsumenten nachgefragt werden, gerade von den Investoren und dem Staat nachgefragt werden.

In dieser Situation entspricht die gewünschte Ersparnis gerade der gewünschten Investition. Je höher das Einkommen und damit die Produktion ist, um so höher ist gemäß der Konsumhypothese auch die Ersparnis und um so niedriger muß also der Zinssatz sein, damit die produzierte Gütermenge insgesamt auch nachgefragt wird, so daß keine unfreiwilligen (Lager-) Investitionen entstehen.

Die Menge aller Kombinationen von Zinssatz und realem Volkseinkommen, bei denen Gleichgewicht auf dem Gütermarkt herrscht, stellt die IS-Funktion dar.      

Die graphische Ableitung dieser Funktion erfolgt  in einem Vierquadranten - Koordinatensystem. Dabei wird im zweiten Quadranten die Investitionsfunktion, im dritten Quadranten die Gleichgewichtsbedingung   g + j (i) = s (y)    und im vierten

Quadranten die Sparfunktion abgetragen.

Im zweiten Quadranten wurde zusammen mit der Investitionsfunktion die zinsunelastische, exogen gegebene Güternachfrage des Staates dargestellt.

Aus diesen drei Funktionen ergibt sich im ersten Quadranten der gesuchte Zusammenhang zwischen dem (Real-) Zinssatz und dem Realeinkommen. Es ist der geometrische Ort aller Kombinationen dieser beiden Variablen, bei denen Gleichgewicht auf dem Gütermarkt herrscht. Links (rechts) von der IS-Kurve besteht eine Üherschußnachfrage (-angebot) auf dem Gütermarkt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die algebraische Ableitung der IS-Funktion erfolgt aus dem Gleichungssystem:

yN = c (yA) + j(i) + g

y: = yA = yN

bzw.:

s (y) = j (i) + g

 

Die Steigung der IS-Funktion ist negativ und abhängig von der Zinselastität der Investitionsgüternachfrage sowie der marginalen Sparquote (sy = 1 - cy).

Zu jedem gegebenen (realen) Zinssatz gehört also im neuen Gleichgewicht auf dem Gütermarkt ein um einen  bestimmten  Betrag  erhöhtes reales Volkseinkommen. Die IS-Kurve verschiebt sich also um diesen Betrag parallel nach rechts. Dabei entspricht der absolute Wert der Verschiebung der IS-Funktion nach rechts dem Produkt aus dem absoluten Wertzuwachs der exogenen Größe und dem Multiplikator (siehe „Das gesamtwirtschaftliche Multiplikatormodell“, W. Fuhrmann, A. Sultanow; in: www.nowgorod.de).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5.      Das IS-LM-System

 

 

Zur graphischen Darstellung dieses gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes werden die IS- und die LM-Funktion in einer einheitlichen Graphik zusammen dargestellt.

 

                   i

                                                                 LM

 

 

 


                                                                IS

                                                                            y

 

 

 

Zur Vereinfachung wurde dabei ein linearer Verlauf der beiden Funktionen gewählt, wobei für die LM-Funktion auch ein vollkommen elastischer Teil unterstellt wurde. Dieser Bereich ist von theoretischem Interesse im Falle einer existierenden Liquiditätsfalle oder einer das Zinsniveau stabilisierenden Geldpolitik.

Da die IS-Funktion eine negative Steigung, die LM-Funktion aber eine positive Steigung hat, gibt es nur einen Schnittpunkt beider Funktionen und damit nur eine Kombination von Zinssatz und Volkseinkommen, bei der ein Gleichgewicht auf allen Märkten, d.h. ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht herrscht.

Alle anderen Kombinationen von Zinssatz und Volkseinkommen kennzeichnen eine Situation, in der auf keinem oder nur auf einem der Markte Gleichgewicht herrscht.

 

 

 

 

 

 

 

 

6.      Politikanalysen

6.1.   Die Wirkungen einer Erhöhung der Geldmenge

 

 

Die Analyse des Geldmarktes hat gezeigt, daß die Zentralbank bei einem gegebenen Realeinkommen eine Erhöhung der Geldmenge nur bei einem sinkenden Zinssatz durchsetzen kann: Führt sie zur Erhöhung der Geldmenge beispielsweise eine expansive Offen-Markt-Politik durch, so sind die privaten Wirtschaftssubjekte nur dann bereit, in ihrem Besitz befindliche Wertpapiere gegen Geld einzutauschen, wenn die Zentralbank einen höheren Ankaufskurs für diese Wertpapiere bietet. Bei einem höheren Kurs bzw. einem niedrigeren Zinssatz lohnt sich für die privaten Wirtschaftssubjekte die Wertpapierhaltung nicht mehr in dem bisherigen Ausmaße, da das Risiko von Kursverlusten, die den Zinsertrag übersteigen, zunimmt. Die privaten Wirtschaftssubjekte halten somit in ihrem Portefeuille einen größeren Anteil an Kasse und einen geringeren Anteil an Wertpapieren.

 

Die unmittelbare Folge der Geldmengenerhöhung wird also bei unverändertem Realeinkommen eine entsprechende Reduktion des Zinssatzes sein. Diese Zinssatzsenkung induziert auf dem Gütermarkt bei gegebenem Güterpreis eine erhöhte Investitiönsgüternachfrage. Die daraus resultierende Einkommenserhöhung führt bei gegebener marginaler Konsumquote zu einer steigenden Konsumgüternachfrage und damit einer weiteren Zunahme des Realeinkommens. Aufgrund der obigen Analyse des Multiplikatorprozesses ergibt sich also eine Realeinkommenssteigerung, die deutlich über die (induzierte) Zunahme der Investitionsgüternachfrage hinausgeht. Die Zunahme des realen Volkseinkommens hat nun aber wiederum Auswirkungen auf den Geldmarkt, da die Nachfrage nach Geld aus dem Transaktionsmotiv steigt und damit eine Zinssatzsteigerungstendenz auslöst, die der ursprünglichen Zinssenkungstendenz aufgrund des sog. Liquiditätseffektes der Geldmengenexpansion entgegenwirkt.

 

Graphisch bedeutet die Erhöhung des nominalen Geldangebotes eine Verschiebung der LM-Funktion nach rechts:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(Die Wirkungen einer Geldmengenerhöhung bei alternativen Ausgangssituationen)

 

Unterstellt man zur Veranschaulichung, die der Realität aber fremd ist, daß die einzelnen hier geschilderten Anpassungen von Zinssatz und Einkommen auch in der angegebenen ,,zeitlichen" Reihenfolge ablaufen, dann läßt sich dieser Anpassungsprozeß in Form eines Spinngewebes darstellen:

 

 

 

 

Bei dem gegebenen Einkommen sinkt der Zinssatz als Folge der exogenen Geldmengenerhöhung unmittelbar solange, bis die neue LM-Funktion erreicht ist. Der Geldmarkt ist damit wieder im Gleichgewicht. Diese Zinssatzsenkung führt nun über die Investilionsgüternachfrage zu einer Erhöhung des Realeinkommens von y0 auf y2, da bei dem niedrigeren Zinssatz nur bei y2. Gleichgewicht auf dem Gütermarkt herrscht. Bei y2 und dem niedrigeren Zinssatz besteht nun aber eine Überschußnachfrage auf dem Geldmarkt, die zu einer entsprechenden Zinssatzsteigerung führt. Nach ,,unendlich" vielen Schritten ergeben sich dann das neue Gleichgewichtseinkommen y1 und der entsprechende Zinssatz.

Einen realistischeren Anpassungsprozeß erhält man, wenn man unterstellt, daß grundsätzlich die Preisanpassungen auf den Aktivamärkten, d. h. hier also auf dem Geld- und Wertpapiermarkt, ständig und schneller erfolgen als die Mengenvariationen bzw. Anpassungen auf dem Gütermarkt. Unterstellt man, daß diese Reaktionen auf den Aktivamärkten praktisch unendlich schnell erfolgen, dann führt die exogene Erhöhung der Geldmenge unmittelbar zu der oben geschilderten Reduktion des Zinssatzes, über die das Gleichgewicht auf dem Geldmarkt wieder hergestellt wird.

 

 

 

 

Der weitere Verlauf des Anpassungsprozesses geschieht dann jedoch entlang der (neuen) LM-Funktion und zwar solange, bis y1 und der entsprechende neue Gleichgewichtszins-

satz erreicht sind, da jede Abweichung von der LM-Kurve sofort Zinsreaktionen auslöst, die den Geldmarkt wieder ins Gleichgewicht bringen.

Insgesamt ist zu beachten, daß das IS-LM-Modell im Grunde atemporal ist, d.h. keine dynamische Anpassung explizit modelliert. Der „Sprung" ins neue Gleichgewicht wird nur „plausibel veranschaulicht“.

 

 

6.2.   Die Wirkungen einer erhöhten Nachfrage des Staates

 

Eine Erhöhung der exogenen Nachfragekomponenten erhöht stets das reale Volkseinkommen und mit Ausnahme des Sonderfalles der Liquiditätsfalle auch das Zinsniveau.

Dieses Ergebnis wird auch aus der folgenden Graphik unmittelbar deutlich:

 

 

 

(Die Wirkungen einer gestiegenen Staatsnachfrage bei alternativen Ausgangssituationen)

Die Erhöhung der autonomen Nachfrage führt bei vollkommen elastischem Güterangebot direkt und unmittelbar zu einer Einkommenssteigerung, die durch den Multiplikatoreffekt (siehe «Das gesamtwirtschaftliche Multiplikatormodell», W. Fuhrmann, A. Sultanow; in: www.nowgorod.de) noch verstärkt wird.

In der Graphik ergäbe sich bei unverändertem Zinssatz eine Erhöhung des Realeinkommens von y0 auf y2. Als Folge des gestiegenen Einkommens steigt jedoch auch die Geldnachfrage aus dem Transaktions- und Vorsichtsmotiv: Zur Bewältigung des gestiegenen Transaktionsvolumens ist eine größere Geldmenge nötig. Die privaten Wirtschaftssubjekte werden daher versuchen, zum herrschenden Zinssatz Wertpapiere in Kasse umzutauschen.

Da die gesamte Geldmenge aber annahmegemäß exogen gegeben ist, führt dieses erhöhte Angebot an Wertpapieren nur zu entsprechenden Kurssenkungen, durch die der Zinssatz solange steigt, bis die Wirtschaftssubjekte bereit sind, ihre Kassenhaltung bzw. ihre Geldnachfrage aus dem Spekulationsmotiv entsprechend zu reduzieren. Lediglich bei Vorliegen einer Liquiditätsfalle bleibt diese Zinssteigerungstendenz aus. Sowohl in diesem Fall als auch bei vollkommen zinsunelastischen Investitionen ist der Anpassungsprozeß damit entweder bei unverändertem oder gestiegenem Zinssatz abgeschlossen.

 

 

6.3.         Schlußfolgerungen

 

 

Als Fazit der bisherigen Überlegungen ergibt sich, daß eine Erhöhung der autonomen Nachfrage auf dem Gütermarkt in diesem Modell stets eine Zunahme des realen Volkseinkommens bewirkt, während eine Erhöhung der Geldmenge in bestimmten Fällen „wirkungslos" ist.

Dabei erreicht die Variation der exogenen Nachfragekomponente auf dem Gütermarkt ihre maximale Wirksamkeit gerade in den Fällen, in denen eine Variation der Geldmenge wirkungslos ist.

 

 

 

 

 



* IS – (engl.) investment = savings (Investitionen = Ersparnis)

** LM – (engl.) liquidity = money (Liquidität = Geldangebot bzw. -nachfrage)